Schwerbehinderung: Arbeiten mit Handicap
Schwerbehinderte Menschen haben oft die nicht gleichen Chancen am Arbeitsmarkt wie gesunde. Deshalb gibt es für sie besondere Schutzregelungen und Nachteilsausgleiche.
Unternehmen in Deutschland sind verpflichtet, Personen mit Behinderung eine Chance am Arbeitsmarkt zu geben. Das regelt das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs. So müssen Arbeitgeber bei einer Arbeitsplatzvergabe prüfen, ob die Stelle auch durch einen schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden kann.
Pflichtquote ab 20 Mitarbeitenden
Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze mit Menschen mit Schwerbehinderung oder ihnen gleichgestellten Menschen besetzen. Ansonsten wird für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine monatliche Ausgleichsabgabe fällig. Außerdem müssen Betriebe mit mindestens fünf schwerbehinderten (oder ihnen gleichgestellten) Personen eine Schwerbehindertenvertretung ermöglichen.
Bewerbung
Arbeitnehmer sind bei einer Bewerbung nicht verpflichtet zu erwähnen, dass sie schwerbehindert sind. Der Arbeitgeber darf auch nicht danach fragen. Eine Antwort, die nicht der Wahrheit entspricht darf nicht zum Nachteil der Bewerberin oder des Bewerbers dienen. Ausnahme: Die Stelle kann aufgrund der Behinderung nicht zufriedenstellend ausgeübt werden.
Sonderkündigungsschutz
Schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen haben einen besonderen Kündigungsschutz. Ohne Zustimmung des Integrationsamts dürfen sie nicht gekündigt werden. Das gilt sowohl bei einer ordentlichen als auch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung. Es gibt jedoch Ausnahmen, wenn zum Beispiel:
- der allgemeine Kündigungsschutz noch nicht greift, weil der Arbeitnehmer noch kein halbes Jahr beschäftigt war,
- zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwerbehinderung noch nicht nachgewiesen war – es sei denn, der Antrag auf Schwerbehinderung lag dem Versorgungsamt mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung vor,
- die Schwerbehinderteneigenschaft erst während des Arbeitsverhältnisses festgestellt und der Arbeitgeber darüber nicht informiert wurde. Um die Kündigung dann noch abzuwenden, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung über seine Schwerbehinderung informieren.
Bevor das Integrationsamt entscheidet, hört es den schwerbehinderten Beschäftigten an und holt die Stellungnahmen von Betriebs- oder Personalrat und der Schwerbehindertenvertretung ein. Alternativ lädt es alle Beteiligten zu einer Kündigungsschutzverhandlung ein, um eine Einigung zu erzielen.
Zusatzurlaub
Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine Woche Zusatzurlaub im Jahr. Arbeitet der Schwerbehinderte weniger oder mehr als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Teilzeitbeschäftigte, die etwa drei Tage in der Woche arbeiten, erhalten entsprechend drei Tage mehr Urlaub. Sieht ein Arbeits- oder Tarifvertrag einen Zusatzurlaub von mehr als einer Woche pro Jahr vor, gilt diese Regelung. Wird eine Schwerbehinderung im Laufe eines Jahres festgestellt, besteht für jeden vollen Kalendermonat der Anerkennung Anspruch auf ein Zwölftel des sonst zustehenden Zusatzurlaubs. Gleiches gilt bei Ausscheiden innerhalb der ersten Jahreshälfte. Bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte besteht dagegen der volle Urlaubsanspruch. Das Vorliegen der Schwerbehinderung muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch den Schwerbehindertenausweis nachweisen.
Überstundenregelung
Schwerbehinderte können sich von Mehrarbeit freistellen lassen. Als Mehrarbeit gilt die Arbeit, die über die übliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden täglich oder 48 Stunden pro Woche hinausgeht. Überstunden, Nachtarbeit oder Arbeit an Sonn- und Feiertagen stellen keine Mehrarbeit darf. Das Freistellungsverlangen sollten schwerbehinderte Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber frühzeitig und möglichst schriftlich mitteilen.
Früher in Rente
Beschäftigte mit Schwerbehinderung können zwei Jahre vor der allgemeinen Regelaltersgrenze in Rente gehen. Dazu muss der Versicherte einen Grad der Behinderung von mindestens 50 nachweisen sowie auf mindestens 35 Versicherungsjahre kommen. Weitere Informationen dazu gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung.
Gleichstellung
Als „schwerbehindert“ gilt, wer einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 aufweist. Bei einem GdB zwischen 30 und 50 kann die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt werden. Bei einer Gleichstellung besteht kein Anspruch auf die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises, auf Zusatzurlaub oder eine vorgezogene Altersrente.
Weitere Informationen gibt es zum Beispiel über die Integrationsämter, die auch ausführliche Ratgeber zu unterschiedlichen Themen bieten. Sie können bei allen Problemen mit dem Arbeitsplatz eingeschaltet werden.
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