Pflege und Steuern | Teil 1: Das müssen Pflegebedürftige wissen

Pflege und Steuern | Teil 1: Das müssen Pflegebedürftige wissen

 

Demografischer Wandel und steigende Lebenserwartung lassen die Zahl der chronisch kranken und der pflegebedürftigen Menschen massiv wachsen. Auf die Betroffenen und ihre Angehörigen kommen dann ganz erhebliche Kosten zu. Immerhin gibt es Möglichkeiten, diese Kosten in bestimmtem Umfang bei der Einkommensteuer geltend zu machen. In diesem ersten Teil unseres Beitrages erfahren Sie, was dabei für die pflegebedürftige Person selbst gilt.

Der zentrale Begriff: Außergewöhnliche Belastung

Außergewöhnliche Belastungen sind Kosten der privaten Lebensführung, die

  1. der Steuerpflichtige selbst tragen muss, die also nicht von der Sozialversicherung oder einer privaten Versicherung übernommen werden;
  2. zwangsläufig anfallen, also für den Steuerpflichtigen unvermeidbar sind;
  3. bei der überwiegenden Mehrheit der Steuerpflichtigen mit gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und gleichem Familienstand nicht in dieser Höhe anfallen;
  4. den Umständen entsprechend notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Alle vier Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein steuerlicher Abzug der Kosten in Betracht kommt. Das ist häufig der Fall bei krankheitsbedingten Kosten wie zum Beispiel Zuzahlungen zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder den Kosten für Zahnersatz, Rollatoren, Rollstühle und Prothesen. Hierunter fallen aber auch vom Steuerpflichtigen selbst getragene Kosten für seine häusliche Pflege durch einen Pflegedienst oder seine Unterbringung in einem Pflegeheim.

Das gilt bei einer Heimunterbringung und bei baulichen Maßnahmen

Die Kosten einer Heimunterbringung werden nur anerkannt, wenn diese Unterbringung wegen einer Krankheit, wegen einer Behinderung oder wegen Pflegebedürftigkeit notwendig ist. Das heißt, wer allein aus Altersgründen und zu seiner eigenen Bequemlichkeit in ein Heim gezogen ist, kann keine außergewöhnliche Belastung geltend machen, weil es insoweit an den Merkmalen der Zwangsläufigkeit bzw. der Notwendigkeit der Aufwendungen fehlt. Unproblematisch ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit und der Notwendigkeit der Aufwendungen, wenn aufgrund einer Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Pflegeversicherung ein Pflegegrad festgesetzt wurde.

Ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig sind Kosten, die für eine ungewöhnlich luxuriöse Unterbringung in einem Heim entstehen, weil sie nicht mehr angemessen im Sinne der rechtlichen Regelung sind. Die Rechtsprechung sieht die Grenze hierfür bei einer Zimmergröße von 30 m².

Hat der Heimbewohner seine eigene Wohnung aufgegeben, wird die ihm dadurch entstandene Ersparnis von den Aufwendungen für das Heim abgezogen. Angesetzt wird diese sogenannte Haushaltsersparnis mit dem einkommensteuerlichen Grundfreibetrag, für das Jahr 2023 also mit 10.908 Euro.

Auch die Kosten baulicher Maßnahmen am Haus oder an der Wohnung können – wenn diese Maßnahmen aufgrund Krankheit, Behinderung oder Gebrechlichkeit erforderlich sind – außergewöhnliche Belastungen sein. Beispiele hierfür sind der Einbau eines Treppenlifts oder eines barrierefreien Badezimmers.

Die zumutbare Belastung muss abgezogen werden

Von den angefallenen Kosten muss die sogenannte zumutbare Belastung abgezogen werden, erst der danach verbleibende Betrag kann als außergewöhnliche Belastung steuerwirksam geltend gemacht werden. Die zumutbare Belastung richtet sich nach dem Familienstand des Steuerpflichtigen und seinem Gesamtbetrag der Einkünfte:

Familienstand

Gesamtbetrag der Einkünfte

bis 15.340 € über 15.340 €
bis 51.130 €
über 51.130 €
Alleinstehend ohne Kind 5 Prozent 6 Prozent 7 Prozent
Ehegatten ohne Kind 4 Prozent 5 Prozent 6 Prozent
Steuerpflichtige mit 1 oder 2 Kindern 2 Prozent 3 Prozent 4 Prozent
Steuerpflichtige mit 3 oder mehr Kindern 1 Prozent 1 Prozent 2 Prozent

 

Die Prozentsätze aus der Tabelle werden durchgestaffelt angewandt. Das heißt, für denjenigen Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der in der ersten Staffel liegt, gelten die Prozentsätze dieser Staffel. Überstiegt der Gesamtbetrag der Einkünfte die erste Staffel, gelten für den übersteigenden Teil die Prozentsätze der zweiten, danach gegebenenfalls die der dritten Staffel.

Alternative: Der Behindertenpauschbetrag

Menschen mit einer Behinderung können ohne Einzelnachweis ihrer behinderungsbedingten Kosten einen nach dem Grad ihrer Behinderung gestaffelten Pauschbetrag von bis zu 7.400 Euro pro Jahr in Anspruch nehmen. Für behinderungsbedingte Fahrtkosten kann überdies ein Pauschbetrag von maximal 4.500 Euro jährlich geltend gemacht werden. Aber: diese Pauschbeträge schließen die Geltendmachung der tatsächlichen Kosten als außergewöhnliche Belastung aus. Ob für Betroffene die Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Kosten oder die Pauschale günstiger ist, muss im Einzelfall berechnet werden.

Hilfen im Haushalt und Handwerkerarbeiten

20 Prozent der Lohnkosten einer Haushaltshilfe, einer privaten Pflegekraft oder eines Pflegedienstes können bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 Euro jährlich als Steuerermäßigung von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden. Wer eine Haushaltshilfe oder eine Pflegekraft im Rahmen eines Minijobs beschäftigt, kann 20 Prozent der Lohnkosten bis maximal 510 Euro von seiner Steuerschuld abziehen.

Und schließlich können bei Handwerkerleistungen in den eigenen vier Wänden 20 Prozent der reinen Arbeits- und Anfahrtskosten bis höchsten 1.200 Euro pro Jahr angerechnet werden.

Was gilt für pflegende Angehörige?

Von welchen Steuervorteilen pflegende Angehörige profitieren können, erfahren Sie in Teil 2 dieses Beitrages.

 

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